Oberammergau heißt: Theater für alle

 

Hier ist die schmerzliche »Selbstzähmung einer Widerspenstigen« die Emanzipationsgeschichte, die schon immer ein Kern des Stoffs war und der dieser viel von seinem Erfolg verdankt. Unter Karacas Regie wird die »Geierwally« zu einer Bühnenkunstfigur, die das Drama der mutigen, bis zur Rücksichtslosigkeit eigensinnigen und unabhängigen Frau verkörpert. Von starken Gefühlen durchs Leben getrieben, wird sie am Ende deren Opfer.

Die »Geierwally« entzieht sich jeder Unterwerfung durch Männer, sei es ihr brutaler Vater oder die vielen Bewerber, die sie wegen ihrer Schönheit und – nachdem sie den elterlichen Hof geerbt hat – auch wegen ihres Besitzes wollen. Nur der eine, den sie selbst will, seit sie ein Mädchen war, der Bärenjosef, der Jäger, der will sie nicht.

Rasend vor Eifersucht hält sie Josefs Halbschwester für dessen Geliebte und demütigt diese öffentlich. Josef (Jonas Konsek) rächt sich an Wally, indem er so tut, als sei er an ihr interessiert. Er lädt sie zum Tanz, zwingt ihr den Kuss ab, den sie zur Bedingung für alle Freier gemacht hat und den ihr bisher keiner entlocken konnte. Dann lässt er sie zum Gelächter aller stehen.

In ihrer Wut setzt Wally einen grausigen Preis aus: Wer den Bärenjosef tötet, dem will sie gehören. Sie bereut es bald und kämpft am Ende geläutert um ihre Liebe – im doppelten Sinn.

Theater für alle

Die Bühne ist ein ebenso simpler wie genialer Kubus, der mit einer Art umlaufendem Duschvorhang zu milchiger Transparenz verschlossen werden kann. Vor, in und auf diesem Kasten wird gespielt – den Hintergrund bildet der Wald am Fuß

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