Oberammergau: Germany’s next Top-Heiland?


Wenn man so will, dann ist der “Wilhelm Tell”, der gerade in Oberammergau Premiere hatte, die Castingshow für die Passionsspiele in zwei Jahren. Oberbayern sucht den nächsten Heiland respektive die nächste Maria. Und den Pilatus. Und einen Judas.

Wer sich zunächst im Schiller bewährt, hat große Chancen, 2020 zum Beispiel als Jesus ans Kreuz geschlagen zu werden oder sonst eine gewichtige Sprechrolle beim großen Glaubens- und Dankbarkeitsspektakel zu erhalten. Oberammergau wurde einst von der Pest erlöst, deshalb werden mit Unterbrechungen seit 1634 und seit 1680 im zehnjährigen Rhythmus in dem kleinen Ort die Passionsspiele aufgeführt; dieses Laientheater, bei dem fast der ganze Ort beteiligt ist, zieht Hundertausende von Fremden an.

Familiär und leger

In der großen “Tell”-Inszenierung zwei Jahre vor dem noch größeren Spektakel sollen nicht zuletzt junge Laienschauspieler erprobt werden. Im Trachtenjanker tritt denn auch Regisseur Christian Stückl vor der Vorstellung auf die Bühne und bittet im breitesten Dialekt um Aufmerksamkeit für noch unentdeckte Talente.

Wie es hier überhaupt ziemlich familiär und leger zugeht. Nicht nur, dass Stückl sein Publikum quasi duzt (“Was klatscht’n ihr scho, ihr habt’s doch noch gar nix g’sehn?”), man kann auch in der Pause vor dem Theater den Tell beim Bier sehen, und den Knaben umringen kichernd alte Damen. Beim legendären Apfel-Schuss zücken die Zuschauer die Handys und niemand meckert.

Im Oktober wird nach einem Gottesdienst dann feierlich die neue Besetzung der Passion bekannt gegeben – mitmachen dürfen nur Oberammergauer. Ab da lassen die Männer ihre Bärte wachsen, die Frauen das Wallehaar. Oberammergau kann man

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