Ob er aber über Oberammergau – WESER

Der “Passionsgeschichte in der Kultur” (Untertitel) ist eine aparte Anthologie unter dem trefflichen Leitwort “Leid-Bilder” gewidmet. Die Herausgeber und weitere Beiträger spüren in dem opulenten Band der geistlichen und weltlichen Rezeption einer zentralen Erzählung der Evangelien nach: dem Leidensweg Jesu, der in der Kreuzigung kulminiert, derer die Christenheit am Karfreitag gedenkt.

Zahllose Variationen und Adaptionen dieses Themas haben die europäische Religions- und Kulturgeschichte in den vergangenen Jahrhunderten hervorgebracht. Man denke nur an musikalische Werke Johann Sebastian Bachs, Gemälde von Matthias Grünewald und die alle zehn Jahre stattfindenden Festspiele in Oberammergau. Wegen der schieren Fülle sind die Autoren des eingängig gegliederten Sammelbandes gut beraten, sich auf die Passion im Film zu beschränken. Das Buch beginnt mit Elaboraten des Stummfilms, die das Leiden Christi thematisieren, und es mündet in die Analyse von einschlägigen Werken des experimentellen Autorenkinos.  Es geht um Bildfindungsverfahren bei Pier Paolo Pasolini, um den popkulturellen Nimbus der Passion (“Jesus Christ Superstar”), um satirische Annäherungen (Monty Phython’s “Life of Brian”) – und um Werke, die Debatten um vermeintliche Blasphemie angestoßen haben, darunter Martin Scorceses “Die letzte Versuchung Christi”.

Deutlich wird die zeitlose Aktualität des Sujets – unabhängig von der Konfession der Filmemacher. Als abendländische Metaerzählung ist Passion zu einer anthropologischen Konstante geworden. Das ist in gewisser Weise tröstlich.

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