Die "Geierwally" in Oberammergau

Abdullah Kenan Karacas Vorspiel in Schuluniform ohne Alpenblick

Gleich daneben steht eine große Scheune, in der ansonsten die privaten Waldbesitzer aus der Umgebung ihre Hackschnitzel lagern. Von dort fällt der Blick auf einen hellgrün lackierten Kubus (Bühne: Vincent Mesnaritsch), der im dunkelgrünen Nadelgehölz ein wenig verloren wirkt wie ein notgelandetes Ufo. Vermutlich kündet die kühl geometrische Konstruktion vom Unbehaustsein seiner Bewohner, die ihre bäuerlichen Traditionen pflegen und sich so von der Gegenwart entfremden.
Das Vorspiel, das Regisseur Abdullah Kenan Karaca voranstellt, zeigt schemenhaft hinter halbtransparentem Vorhang, wie der alte Stromminger (Anton Burkhardt) mit dunkelblauem Businessanzug seine kleine Tochter Walburga schlägt, die in einer Art Schuluniform steckt. Karaca geht es hier um das Vererben von Gefühlskälte und Gewalt. Um das offenbar schwer erziehbare Kind zu bändigen, hatte es der Stromminger-Bauer auf eine einsame Hochalm verbannt.
Ihr einziger Freund wird ein Lämmergeier, was ihr den Spitznamen „Geierwally“ einbringt. Sie verliebt sich in den „Bärenjosef“ (Jonas Konsek), der gleichfalls ein Unangepasster ist. Doch sie finden nicht zusammen, denn nicht nur die Intrigen des dörflichen Mobs, sondern vor allem die frühzeitig erworbene Unfähigkeit beider, zu vertrauen und zu lieben, führt zu einem tödlichen Finale.

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