Die "Geierwally" unter freiem Himmel
1873 erscheint Wilhelmine von Hillerns Roman über den Mythos der Geierwally: Einer jungen Frau, einer Außenseiterin, die mit dem von ihr gezähmten Geier in der Einsamkeit der Bergwelt lebt, nachdem sie sich dem patriarchalischen Zwang der Heirat mit einem ungeliebten Mann und den Traditionen des scheinbar idyllischen Dorfes verweigert. In ihrer selbstgewählten Vereinsamung in den Gebirgen hat sie wundersame Erlebnisse und Begegnungen. Doch der Sog zurück in die Gemeinschaft ist stark und es kommt zu Verstrickungen von Liebe und Hass, Natur und Zivilisation, Gemeinschaft und Außenseitertum. Es ist die Geschichte einer starken Frau, einer Krawallmacherin in ihrem Kampf um Anerkennung in einer Gesellschaft, die sich in der Aufrechterhaltung eines verstaubten Wertesystems nicht irritieren lässt.
“Die Geierwally”: Eine beispiellose Erfolgsgeschichte
Als die junge Schriftstellerin von Hillern 1875 ihren Roman „Die Geierwally“ vorstellte, konnte niemand ahnen, dass soeben ein Longseller das Licht der Bücherwelt erblickt hatte. Es wurde eine beispiellose Erfolgsgeschichte: Übersetzung in elf Sprachen, fünf Verfilmungen, eine Musicalversion und Zudem ein Bühnenstück, das die Autorin selbst noch verfasste. Bei seinem Erscheinen wurde der Roman als Beispiel früher weiblicher Emanzipation verstanden, denn seine Protagonistin, die Geierwally, lehnt sich nicht zuletzt unter dem Einfluss des harten Vaters, dem sie den Sohn ersetzen muss, scheinbar gegen alle Konventionen auf. Und gegen das traditionelle Frauenbild. Sie ist stärker, mutiger und selbstbewusster als alle Burschen der Gegend. Wilhemine von Hillern lebte von 1883 – 1911 in Oberammergau. Sie fand ihre letzte Ruhe auf dem Pfarrfriedhof in Oberammergau.
Über den Regisseur
Abdullah Kenan
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