Leidenstourismus muss sich wieder lohnen
Ob der Bischof weiß, wo’s langgeht? In festlichem beige-goldenen Ornat, die Mitra hoch auf dem Kopf, steht der katholische Geistliche rätselhafterweise am Stand der Lutherstadt Eisenach. Über ihm an der Hallendecke prangt ein Riesenbanner „Sachsen – das Mutterland der Reformation“, das ihn aber kein bisschen unruhig werden lässt. Sakraltourismus jeder Couleur ist offensichtlich ein starkes Segment auf der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse unterm Berliner Funkturm – auch wenn sich der Bischof bei näherem Hinsehen als ein verkleideter Student entpuppt.
Vier Stockwerke höher jedoch ist alles echt: Da feuern die Oberammergauer Passionsspiele in ihrer ersten ITB-Pressekonferenz seit dem Bestehen 1634 den wirklich so genannten Startschuss für die Passion 2020 ab. Mit dem Verkauf von Kontingenten an Reiseveranstalter (Einzeltickets gibt’s erst 2019) kann man schließlich nicht zeitig genug beginnen. Wer weiß, was bei einer für das nächste Laisenspiel ausgelobten Investition von 37 Millionen Euro schließlich noch alles passiert, bis sich am 16. Mai im Jahre des Herrn 2020 der Vorhang im Oberammergauer Passionstheater zum ehrwürdigen Spiel vom Leiden und Sterben Jesu Christi hebt.
Die größte und bekannteste Geschichte soll neu erzählt werden
102 Vorstellungen, 2000 beteiligte von 5000 dort wohnhaften Dörflern, 450 000 Besucher – die oberbayerischen Gesandten beschwören die Superlative. Sie ist ja aber auch ein Phänomen, die in der ganzen Welt berühmte Passion, die auf ein Pest-Gelübde aus dem Jahr 1633 zurückgeht, wie Spielleiter Christian Stückl, im Nebenberuf Intendant des Münchner Volkstheaters, anmerkt. Der stets lichterloh brennende Euphoriker, Pressesprecher Frederik Mayet, 2010 einer der beiden Jesus-Darsteller, Oberbürgermeister Arno Nunn und Geschäftsführer
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