Oberammergauer Passionsspiele Ein Moslem deutet die Leidensgeschichte Jesu
Die Kirche bleibt im Dorf. Die Glocken von St. Peter und Paul klingen wie immer. Und doch ist etwas anders in Oberammergau – drei Tage nach der Passions-Revolution.
“Ich konnte nicht ruhig sitzen, ich war total… ich bin’s, glaube ich, immer noch… total aufgewühlt. Weil ich das natürlich auch nicht kenne. Mit der Entscheidung geht’s mir total gut. Ich freu’ mich einfach nur, dass es so ausgegangen ist.”
Mit 13 zu 5 Stimmen entschied der Gemeinderat von Oberammergau, dass Abdullah Karaca der erste muslimische Spielleiter in der Geschichte der Oberammergauer Passionsspiele wird.
“Ich weiß, dass es ein christliches Gelübde ist. Und da spielt meine Religion erst mal keine Rolle.”
Abdullah Kenan Karacas Religion ist der Islam. Nicht der orthodoxe, aber auch nicht der rein säkulare, sagt Karacas Mentor und Entdecker. Der Katholik Christian Stückl war bisher alleiniger Festspielleiter. Nun wird er sich die Aufgabe mit einem Muslim teilen.
“Er hat, auch wenn er aus einem anderen religiösen Hintergrund kommt, ein großes Interesse. Wir waren gemeinsam in Israel. Wir diskutieren wahnsinnig viel über Religion. Ich spann’ richtig, er will da hinein. Ihn zieht’s da hinein. Er ist, er ist… irgendwie brennt er dafür.”
Christian Stückl hat ein Haus in Oberammerau. Das Erdgeschoss dieses Hauses hat er an einen Kiosk vermietet. Dieser kleine Tabak-Standl ist eine Art Barometer für die Stimmung unter den 5.000 Einwohnern von Oberammergau. Wer hier die Kunden fragt, was sie von der Entscheidung für Abdullah Karaca halten, trifft zwei Lager. Die einen, meist jüngeren, sagen:
“Mich freut’s wahnsinnig, dass der Abdullah zweiter Spielleiter geworden ist.”
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