Blasphemie: Ist Gotteslästerung ein notwendiger Straftatbestand?
In einem aufgeklärten Staat ist eine Strafnorm zum Schutze bestimmter Weltanschauungen überflüssig und rückständig. Die Rechtskolumne
Thomas Fischer ist Bundesrichter in Karlsruhe und schreibt für
ZEIT und ZEIT ONLINE über Rechtsfragen. Weitere Artikel seiner Kolumne
finden Sie hier – und auf seiner Website.
Bilder
Im Jahr 1982 veröffentlichte der deutsche Dichter und
Regisseur Herbert Achternbusch einen Film mit dem Titel: Das Gespenst. Er handelt
davon, dass eine am Kreuz befestigte Christus-Figur zu (irdischem) Leben
erwacht, vom Kreuz steigt und sich mit einer Nonne (“Oberin”) zusammentut. Der
“Herrgott” nennt sich fortan “Ober” und versucht, den Lebensunterhalt für sich und die Oberin als Kellner in
bayerischen Wirtshäusern zu verdienen. Einzelheiten seines Leidens an der
modernen Welt will ich hier nicht verraten, nur so viel: In einer Szene des
Films wird ein Frosch – in ökologisch einwandfreier, nicht tierquälerischer
Weise – an ein aus kleinen Ästen gefertigtes Kreuz gebunden, sodass er – sehr,
sehr kurz! – die ikonographische Stellung Christus’ einnimmt.
(Verzeihung, Tierfreunde! Es war so! Bitte jetzt keine
Kommentare über Frösche und Kreuze! Einige Hunderttausend dieser Geschöpfe
werden von Ihnen jährlich auf den Landstraßen zermatscht. Weitere Zehntausende
opfern Sie der Wiederansiedlung des Storchs im Feuchtgebiet nahe Ihrem
Villenviertel. Vom Sterne-Restaurant will ich hier gar nicht erst sprechen.
Begnadigen Sie also, bitte, den Dichter Achternbusch und entsinnen
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